Der Samstag und der Sonntag danach
Zur Geburtstagsfeier am Freitag trafen wir uns, um gemeinsam hin zu fahren. Die Stimmung war unterkühlt. Ein distanziertes Tänzeln.
Erst einige Haltestellen weiter küssten wir uns erstmals richtig. Und konnten unsere Liebe, unsere Anziehung und unsere Sehnsüchte nahezu als schwere Bestandteile in der Luft um uns herum fühlen. Wie aus dem nichts entstehende Schneeflocken floppte es um uns herum auf und die Welt gewann an Farbe.

Ich fragte sie, ob wann sie später gehen möchte. Sie wüsste das nicht, ließe sich überraschen. Ich fragte weiter, ob sie in Erwägung gezogen habe, noch mit zu mir zu kommen. Sie habe, wolle jedoch nicht alleine die weite Strecke zurücklegen.
Also sollte ich so lange wie sie bleiben und würde dafür mit ihrer Gesellschaft im Anschluss belohnt. Okay, meinetwegen. Warum sie das nicht direkt anspricht, es sogar noch versucht mit "Nein, du musst nicht länger bleiben, nur damit ich danach mit zu dir komme." abzutun, verstehe ich nicht.
Ab da lief es dann gut. Die Party selbst war erwartungsgemäß nett. Man hat Freude, ich weniger als andere, aber das ist schon okay so. Es ist einfach nicht so meins. Und ich habe mich letztlich besser amüsiert, als im Vorfeld erwartet.

Einzige Wermutstropfen an diesem Abend: eingeschränkter Berührungsumgang (wurde ab 22 Uhr noch weiter eingeschränkt, da dann eine Arbeitskollegin erschien, die sich bereits bei einem früheren Treffen im Nachgang über unsere vertraute Art monierte) und die Tatsache, dass ein äußerst penetranter Arbeitskollege vermutlich den Heimweg mit uns gemeinsam antreten wollte. Ich fragte sie, als ich sie beiseite nahm, ob ich das klären solle. Sie bejahte. Beim Aufbruch fragte sie ihn dann jedoch, ob er nicht zusammen mit uns gehen wolle. Ich war so perplex, dass ich nichts unternehmen konnte. Dem geneigten Glück und meiner leichten Suggestion, dass der andere Weg für ihn ja kürzer sei, verließ er uns nach wenigen Metern schon wieder. Auf meine Frage, was diese Aktion sollte - denn ich weiß, dass sie auch von diesem Kollegen genervt ist - meinte sie etwas von Höflichkeit und Anstand. Tut mir leid, dass mein Anstand nicht mit dem Widerwillen mit lästigen Menschen zusammen zu sein konform geht. Aber gut, Glück gehabt.

Die Heimfahrt war schön. Bei mir war es noch schöner. Wir saßen gemütlich auf der Couch, da spricht sie an, dass sie, nach den Offenbarungen der letzten Tage (seit Monaten bekannte und angesprochene Wahrheiten nenne ich es) nun ein schlechtes Gewissen hätte, mit mir zu schlafen. Da ich mich ja dann noch mehr wie eine Affäre fühlen müsste. Ich versuchte ihr ratlos zu erklären, dass das ja ein Kuchen sei, der uns beiden mundet und fragte, ob ich nun aus ihren Fehlern und Fehltritten noch mehr Nachteile erhalten sollte. Wo denn hier noch der Sinn sei.
Letztendlich bat sie darum, dass wir es nicht tun. Es ist für mich ein Leichtes ihren Willen zu brechen. In dieser Hinsicht jedenfalls. Doch wenn sie mich direkt darum bittet, bin ich einfach nicht Schwein genug, um dies zu ignorieren. Ich spürte, dass sie körperlich erregt war. Aber ihre mentale Blockade verbot ihr, dies zuzulassen. Und so war ich genötigt, mich zurück zu halten.
Im Bett küssten wir uns. Sehr, sehr innig und ausführlich. Nach vielen, endlosen Minuten und unzähligen leidenschaftlichen Küssen - währenddessen ich meine Hände absolut unbeweglich auf ihr ruhen ließ - begann sie immer mehr mich zu streicheln. Schließlich holte sie mein Glied raus, setzte sich auf mich.. nur um dann letztlich zurück zu weichen. Sie rückte von mir ab und fragte mich, an was ich denke. Ich lag da, völlig entnervt. Fühlte mich einfach nur benutzt: sie bittet mich, dass wir keinen Sex habe; ich stimme zu und berühre sie unter Aufbringung all meiner Willenskraft nicht; sie küsst mich, verführt mich, holt sogar meinen Schwanz heraus; sie hört ganz plötzlich auf und liegt dort ungerührt, mich beobachtend.
Ich sage ihr, dass sie das besser nicht hören möchte. Sie nervt natürlich weiter, woraufhin ich ihr erkläre, dass ich mich benutzt fühle.
Kurzer Schockmoment für sie. Ich versuche ihr das Geschehene zu schildern, sie beginnt zu weinen. Die Situation eskaliert immer mehr, sie flüchtet ins Wohnzimmer. Ich frage mich, in welchen Alptraum ich hier hinein getappt bin. Und als ich ihre infantile Argumentation höre "Wir haben uns doch nur geküsst" muss ich meine grenzenlose Wut wirklich zügeln.
Nach mehreren fruchtlosen Versuchen zu reden, zieht sie sich an und geht. Ich bleibe auf der Couch liegen, wohl wissend, dass kein Bus fährt. Sie kommt nach zehn Minuten wieder rein. Immer wieder rastet sie aus und kommt dann wieder zurück ins Wohnzimmer. Letztlich versuche ich einzulenken. Wie immer.
Mache Zugeständnisse, woraufhin sie welche macht. Es ist so ermüdend.

Für mich ziehe ich hier ein Fazit: es bringt absolut nichts, wenn ich ehrlich und offen bin. Meine Sicht der Dinge ist völlig irrelevant. Wenn ich ein Problem anspreche, ist sie traurig, was mir Probleme bereitet, was mich traurig macht. Das Problem wird dadurch nie behoben. Also ist es doch viel einfacher, wenn ich einfach mit dem Problem lebe, statt die Schritte dazwischen unnötigerweise mitzumachen.

Am 10.Januar hatte sie mir in Essen für den deutsch synchronisierten One Piece Film im Kino Karten zum Geburtstag geschenkt. Sie wollte mit mir den Tag dann auch in Essen verbringen, mir die Universität zeigen, an der sie studiert hat. Und so weiter. Am 10.Januar hatte sie alles vergessen. Sie war morgens zur Arbeit gegangen und ich war schon verwundert, da so ja aus einem "ganzen Tag" schon mal nichts mehr werden konnte. Als sie Mittags zu mir kam, fragte ich sie wenigstens nach dem Film, der um 20 Uhr beginnen würde. Sie meinte, sie hätte es völlig vergessen. Es tat ihr so leid und sie versank in widerwärtiges Selbstmitleid. Sie sei ja die schlechteste Freundin der Welt, wie könne ich sie nur lieben, etc.
Da hatte ich nun wirklich keine Lust zu. Ich erklärte ihr mehr als ruhig und verständnisvoll, dass alles halb so wild sei. Ich ja wüsste, was sie für einen stressigen Alltag hätte und wir das einfach mal nachholen. Sie wollte davon nichts hören, steigerte sich immer weiter rein.
Irgendwann forderte ich sie auf, doch bitte aufzuhören, so schlecht über sich zu sprechen, es sei eine Lüge, wenn sie schreibt, dass sie mich nie glücklich machen könne. Sie ignorierte es. Daraufhin machte ich den Laptop aus. Am Abend rief sie mich an und fragte, was das solle. Wieso ich nicht mehr zurück maile. Ich erklärte es ihr. Sie flippte total aus: ich sei so ein Arsch, sie hätte jetzt den Abend einen Babysitter gefunden, für den Film würde es nicht mehr reichen, aber man könne ja auch so was Schönes machen. Und wieso ich das nicht zu würdigen wüsste. Ich sagte, dass ich das sehr schön finde, aber es dennoch schade finde, dass sie mich hier erst stundenlang mit ihrem Selbstmitleid nötigt (natürlich nicht in der Wortwahl - ich bin mittlerweile sehr, sehr vorsichtig und lege jedes Wort in mehrere Lagen Watte ein), was mir auch weh tut und sich dann noch darüber aufregt, dass ich irgendwann die Mails nicht mehr lese.
Sie kam dann doch, war aber unfassbar wütend. Der Abend eskalierte noch mehr, sie zweifelte mal wieder am Sinn der ganzen Beziehung und ich musste einlenken, einlenken, einlenken.
Hätte ich einfach nur die Schnauze gehalten, hätte ich auch keinen Tag in Essen mit ihr gehabt, aber der ganzen sonstige Ärger wäre mir erspart geblieben.

Gestern lief es dann besser. Ich bin völlig eingelenkt, mal wieder ein Paradebeispiel des perfekten Freundes. Ohne meine Gefühle und Sichtweisen zu artikulieren, klappt alles tadellos. Wir haben einen schönen Tag, schönen Abend und eine Nacht mit Sex. Wobei ich wegen der Schmerzen meiner Krankheit nicht sonderlich auf meine Kosten kam, aber das kann man ihr ja nicht vorhalten.
Kurz vorm Einschlafen erzählte ich ihr noch, dass ich darüber nachdenke, am Montag einen kleinen Kredit aufzunehmen. Ich habe aktuell rund 500 € Minus auf dem Konto. Es ist nicht viel und wenn ich mal genauer auf mein Geld achten würde, wäre das in ein bis zwei Monaten von alleine ausgeglichen. Außerdem schuldet sie mir noch über 400 €. Aber ich wollte weiterhin ein neues Bett kaufen und mich nerven die überhöhten Dispo-Zinsen sowieso. Ein Kredit erschien mir sinnvoller. Sie begann sofort mehr als zickig zu werden. Was denn das soll? Was mir einfällt? Wenn ich mein Geld nicht für Bofrost ausgeben würde, hätte ich gar kein Minus auf dem Konto (nette Geschichte, die ich an der Stelle einbauen muss: ich habe neulich zum ersten und einzigen Mal bei Bofrost etwas bestellt. Hauptgründe waren für mich zum einen das nostalgische Gefühl, da meine wohlhabende Großtante damals immer dort bestellte, meine Mutter uns von dort aber nie was kaufen konnte, da sie allein erziehend und arbeitslos war. So haben mein Bruder und ich jedes Quartal die tollen Kataloge angeschaut und die Bilder mit köstlichem Essen betrachtet. Weiterhin vertrage ich keine Laktose aufgrund der Krankheit und es gibt dort viele adäquate Produkte. Da ich neulich einen Gutschein in Höhe von 15€ erhalten habe, wollte ich es einfach mal ausprobieren. Und erhalte von ihr nur Vorwürfe dafür, wieso ich mein Geld so zum Fenster hinauswerfe. Ich finde es sehr schade, dass sie kein Verständnis hat.). Ich verkniff mir die Frage, ob sie die hohen Zinsen denn ebenfalls begleichen würde, da die Summe ja zum Großteil auf ihre Rechnung geht in weiser Voraussicht. Ich lenkte ein und sagte, dass ich keinen Kredit aufnehme. Und alles war wieder gut. Heute habe ich dann auch erstmal den Kinobesuch für Mittwoch abgesagt, denn ich werde nun auf das Geld achten. Und das wird sie auch zu spüren bekommen.

Sie ist heute mit den Kindern und ihrem Mann im Bergischen und fährt Schlitten.