Was mich an ihr hält?
Zuerst einmal danke für deinen Kommentar sopravvivere. Und ich bin ein Freund offener Worte. Hier muss niemand etwas beschönigen oder ein Blatt vor den Mund nehmen.

Ja, es ist im Augenblick auch wieder alles andere als rosig. Und ja, das Gefühl des Hinhalten ist eine Saat, die schon früh gesät wurde und nie ganz verschwindet.

Eine durchaus berechtige Frage: Was hält mich an ihr hält?
Die Antwort ist so offensichtlich kitschig, dass viele sicher die Augen verdrehen werden: ich liebe sie. Von ganzem Herzen.
Sie ist ein wundervoller Mensch. Sie ist ein guter Mensch. Aber sie ist auch sehr verdreht und verquer. Sie ist in einer Familie aufgewachsen in der nie über Probleme gesprochen wurde. Sie lebte immer in einer mehr oder weniger heilen Welt. In der man sich nicht scheidet, die Familie durch Egoismus zerstört.

Bevor es mit ihr und mir begann und nach Hermann (ihrer letzten Affäre) fragte ich sie einmal, ob sie denn nun weiter mit ihrem Mann zusammen bleiben möchte. Ob sie die nächsten zehn Jahre nun ohne Sex leben möchte, mit einem Mann, für den sie nichts mehr übrig hat. Ob sie das kann, ob sie das möchte. Und ja, das wäre für sie so in Ordnung. Für ihre Kinder. Um ihnen ihr Leben nicht zu zerstören.
Und nein, es ist nicht so, dass sie sonst ein unfassbar tolles Leben hat. Ihr Mann verdient nicht soviel, dass sie sich in Wohlstand wiegen kann und sich alles leisten kann. Aktuell haben sie sogar finanzielle Probleme, sodass sie überlegt, ob sie nun Vollzeit statt nur Teilzeit arbeiten gehen soll, damit sie über die Runden kommen.
Ich habe ihr schon unzählige Male versucht zu erklären, wie eindimensional ihr Handeln und Denken ist. Wie sehr sie sich, ihren Kindern und auch ihrem Mann damit schadet. Wenn sie unglücklich ist, wird sie das auch nicht vor den Kindern völlig verheimlichen können. Zurzeit liegt sie regelmäßig weinend den halben Tag im Bett. Auch ist schrecklich, dass sie ihren Kindern, so wie ihre Eltern, weiter vorleben möchte, dass es besser ist eine Lüge zu leben, als Probleme anzusprechen. Und sie begreift das auch alles in Momenten der Klarheit. Aber es macht einfach nicht Klick. Und ich kann noch soviel sagen, es wird nichts bringen, bis sie es nicht verinnerlicht.
Selbst für ihren Mann wäre es besser. Er weiß seit fast eineinhalb Jahren, dass die Ehe eine Farce ist. Er wusste von Herrmann. Und mich mochte er von Anfang an nicht, obwohl sie die Affäre mit mir nie offen zugegeben hat, bis er uns nachts einmal völlig betrunken antraf und mich tot prügeln wollte. Er ist völlig in seiner bizarren Welt gefangen, dass die Ehe wieder durch Magie zu retten wäre. Und solange sie nicht geht, wird er weiter daran festhalten und wird die Wahrheit nicht akzeptieren.

Sie versucht einfach alles richtig zu machen. Aber man kann es niemals allen recht machen. Und sie verliert sich auf ihrem Weg und kommt immer weiter davon ab.
Ich bin mittlerweile völlig ratlos und ehrlich gesagt ziemlich resigniert. Ich habe aufgegeben. Ich werde einfach warten und hoffen, dass sich der Knoten in ihrem Kopf löst und sie es begreift.

Und bis dahin liebe ich sie weiter mit all meiner Hingabe und werde weiter alles ertragen, wie schmerzlich es für mich auch sein mag.